Zu Beginn meiner Ausbildung (1998 bis 2001) in der Amerika Gedenkbibliothek gab es dort noch eine Rohrpost. Die Kapseln waren offensichtlich die gleichen wie in der Stadtbibliothek. Warum das damals dieselben waren, müsste man versuchen herauszubekommen. Die Anlagen in den beiden Häusern an sich unterscheiden sich natürlich sehr stark. Die Rohrpost garantierte dem Nutzer schnellen Zugang zu den Medien, die im Magazin aufgestellt waren, weil im Freihandbereich nicht genug Platz war. Das Magazin war direkt unter dem Lesesaal und die Regale waren sehr, sehr eng gestellt.
Die Rohrpost wurde zum Bestellen der Medien von Informationspult (heute Infotheke) benutzt. Es waren fünf Pulte und fünf Rohrpostschachte, die nach unten ins Magazin führten. Kolleginnen und Kollegen vom Fachlektorat und jene, die Pultdienst hatten, haben auf einen Zettel die Signatur des Mediums geschrieben und die Kapsel ins Rohr gesteckt, die kam dann unten im Magazin an. Da haben verschiedenfarbig leuchtende Lampen angezeigt, von welchem Pult die Post kam. Die Lichtanlage war in der Mitte des Magazinraumes. Man ist dann im Magazindienst zum entsprechenden Rohrpostschacht gelaufen und hat geschaut, welche Bestellung da verlangt wurde.
Die Rohrpostschachte kamen ziemlich genau unter den Pulten im Magazin an. Mit einem Hebel, den man bedienen musste, konnte man die Kapsel aus dem Rohr herausholen. Da die Aufstellung im Magazin identisch mit der in der Freihand war, konnte der Standort des Buches nicht weit weg von dem Ort sein, an dem die Rohrpostbestellung ankam. Wenn ein Buch nicht da war, hat man als Magazindienst ein Leermengenzeichen (⌀) auf den Zettel geschrieben, und ihn mit der Rohrpost wieder ans Pult geschickt.
Häufig war es dann so, dass exakt der gleiche Zettel über Rohrpost wieder herunterkam und darauf stand: "Muss aber da sein!". Wir haben dann noch einmal nachgeschaut, aber es war häufig so, dass nichts im Magazin stand.
Damals, bevor aDIS eingeführt wurde - dieses Bibliotheksystem wird bis zum heutigen Tag verwendet, waren die Bestände flexibler. Es gab nicht immer einen eindeutigen Standort. Manchmal waren einfach die Bestände im Magazin und es gab mehrere Exemplare, die dann zum Teil entweder unten im Magazin stehen konnten oder oben im Lesesaal. Oft war unser Rätsel: Ist es im Magazin oder doch oben, oder hat es gerade ein Leser in der Hand?
Oft auch ein Rätsel war die Schrift der Kollegen. Es waren weiße Zettel und es wurde mit Bleistift geschrieben - und manchmal war es nicht die beste Schrift. Ein Kollege hatte eine wunderbare Schrift, da war es einfacher und man hat sich gefreut. Bei anderen musste man etwas genauer hinsehen bis man das Richtige herausbekam. Wir hatten auch an jedem Pult Telefone und da konnte man im Zweifelsfall auch nachfragen. Man musste also nicht ausschließlich über Zettel kommunizieren, was wir aber hin und wieder gerne gemacht haben.